Homophobie im LK Harz?

Die deutsche Gesellschaft beschreibt sich gern als modern, aufgeklärt und tolerant. Die Regierung wird erstmalig von einer Frau geführt und viele Menschen in den verschiedensten Bereichen der Gesellschaft können in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben. Dennoch zeigt die Erfahrung, das auch heute noch Homosexualität als etwas "anderes" angesehen wird. Schwul und lesbisch zu Leben bedeutet oft auch Konflikte in der Familie aushalten zu müssen. Der 1. Artikel des deutschen Grundgesetzes hebt die Würde der Menschen hervor und schützt sie im besonderen Maß. Wenn homosexuelle Menschen auf den Schulhöfen und in Jugendeinrichtungen aber durch die unüberlegte Nutzung  von einschlägigen Schimpfwörtern und Beleidigungen ausgegrenzt werden, zeigt das, dass die deutsche Gesellschaft noch immer nicht ihren eigenen Normen entspricht.
Wie sieht die Situation im Harzkreis aus? Diese Frage stellten sich Mitarbeiter des Dachvereins Reichenstrasse e.V. aus Quedlinburg. Sie haben durch eine Umfrage an Schulen, bei der die Schüler_innen vorbereitete Fragen zu beantworten hatten, durchgeführt. Erreicht wurden im Gesamten ca. 600 Schüler_innen in einer größtmöglichen Altersspreizung. Das Ergebnis wurde zusammengefasst und in der Arbeitsbroschüre "Homophobie im Landkreis Harz?" zusammengefasst. Eine kurze Zusammenfassung als Webversion soll an dieser Stelle dargestellt werden.

Abbildung 2


Abbildung 3

Die demographischen Daten machen deutlich, dass die Altersspreizung von zehn bis dreiundzwanzig Lebensjahren dargestellt wurde (Abb. 3). Es wird erkennbar, dass ein etwas größeren Teil der befragten Personen weiblich ist. Das hat verschiedene Gründe. Zum einen spiegelt sich die Geschlechterverteilung in Gymnasien der Region wieder, zum anderen wurden die Mitarbeiter auch in ausschließlich weibliche Gruppen eingeladen um die Befragung durchzuführen.
Wichtig für die Befragung ist diese Altersgruppe dadurch das viele Jugendliche im Alter zwischen dreizehn und fünfundzwanzig Lebensjahren sich ihrer eigenen sexuellen Orientierung bewusst werden und in dieser Zeit in einem Umfeld sozialisiert werden sollten, dass offen und tolerant auftritt. Ob die Größe des Wohnortes auf die Meinung der Befragten Einfluss hatte, wurde ebenso dargestellt, wie die Zusammenhänge zwischen evtl. homophoben Einstellungen und er Schulart.
Der übergroße Anteil konnte die Frage nach der Bedeutung des Wortes "Homosexualität" positiv beantworten (Abb. 6), wobei diese Angaben ausschließlich eine Selbsteinschätzung der Schüler_innen darstellt. Signifikant ist die Tatsache, dass die meisten derjenigen, die den Begriff nicht kannten weiblich waren und auf ein Gymnasium gegangen sind (die Fragebögen dieser Personen wurden nicht weiter in der Auswertung beachtet).
Ein erfreuliches Ergebnis der Umfrage ist die Tatsache, dass ca. dreiviertel der Befragten den Standpunkt vertraten, dass Homosexualität keine Krankheit ist. Vor allem in stark religiösen und konservativen Kreisen wird Homosexualität auch heute noch als Störung angesehen, die durch Therapie behandelt werden kann. Vor allem in der Altersgruppe von zehn bis zwölf Jahren sieht eine pathologische Ursache für Homosexualität. Diese Tatsache hat erheblichen Einfluss auf junge homosexuelle Menschen, die vor allem in dieser Altersstruktur ihr inneres Coming Out haben und durch solche Denkweisen in ihrer Entwicklung beeinflusst werden. Auch die Wohnortgröße und Schulbildung spielt eine besondere Rolle wie aus den Abbildungen 7 und 10 deutlich wird. Abb. 12 Zeigt das Ergebnis auf die Frage nach bekannten Vorurteilen. Wichtig dabei war, dass es nicht um eigene Vorurteile ging, vielmehr wurde nach allgemein bekannten Vorurteilen gefragt. Oft konnte die Frage erst nach einer Aufklärung darüber was Vorurteile sind beantwortet werden. An dieser Stelle muss die Gesellschaft mehr Aufklären. Aber nicht nur die Gesellschaft trägt Verantwortung. Die Familie als erster Ort um jungen Menschen ein tolerantes Denken zu vermitteln, ist der andere Bereich in dem schon erste Weichen gestellt werden können. Wie Abb. 15 verdeutlicht, wird das Thema in den Familien, den Angaben der Befragten nach, seltener Behandelt. Hier wird auch deutlich wie wichtig es auch für die Pädagogen der Schulen ist Homosexualität nicht als ein Randphänomen zu betrachten. So gaben die meisten an, dass sie in der Schule am ehesten Umgang mit dem Thema haben. Eine andere Frage machte deutlich, warum es wichtig ist, ein Umfeld zu schaffen, in dem Menschen geoutet als Vorbild dienen können. Von denjenigen, die tolerant und umsichtig mit dem Thema Homosexualität umgehen, haben mehr als die Hälfte der befragten angegeben, eine(n) Homosexuelle(n) zu kennen. Im Gegensatz dazu konnten dreiviertel der Schüler_innen, deren Antworten eine ablehnende Haltung erkennbar machten, die Frage ob sie einen homosexuellen Menschen persönlich kennen, nur verneinen.
Die differenzierte Auswertung der Ergebnisse dieser Umfrage bestätigt zu großen Teilen Erfahrungswerte aus der praktischen Arbeit mit Jugendlichen.  Sehr viele der Teilnehmer_innen stehen homosexuellen Menschen offen und tolerant gegenüber. Trotzdem konnten Problembereiche ausgemacht werden, die Einfluss auf die soziale Entwicklung homosexueller Jugendlicher ausüben. So gab ein Großteil der Jugendlichen an, das "Schwul" sich im alltäglichem Sprachgebrauch als Schimpfwort etabliert hat. Durch eine frühe Einflussnahme ist es möglichen jungen Menschen einen Weg aufzuzeigen, in dem der Umgang mit Menschen ein offener und von Vorurteilen nicht belasteter ist. Dabei ist es wichtig das alle Bereiche der Gesellschaft zusammenwirken. Vereine, Schulen und Elternhäuser sind dabei die Hauptverantwortlichen für diese Aufgabe.
Dieser  Text stellt nur eine grobe Zusammenfassung der Ergebnisse dar. Die Auswertung der gesamten Studie und weitere wissenswerte Informationen finden sie in der PDF zum Heft:

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